Besiedlungsgeschichte


Zur Besiedelungsgeschichte des Plan-Weseritzer Ländchens

Wer war zuerst da? Die Deutschen oder die Tschechen? War das Gebiet immer schon deutsch gewesen? Solche Fragen beschäftigen seit mehreren Generationen die Menschen, die eine Beziehung dorthin haben.

Eine dieser Fragen kann relativ schnell beantwortet werden: „Deutsch“ im Sinne von „zu Deutschland gehörig“ war das Gebiet die allerwenigste Zeit, nämlich vom Einmarsch der Hitlertruppen 1938 bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs 1945, „deutschsprachig“ dagegen über einen sehr langen Zeitraum.

In diesem Beitrag wollen wir uns die Sache etwas genauer anschauen und dabei gleich festhalten: Eine Besiedelungsgeschichte des Kreises Plan-Weseritz kann nicht isoliert für sich betrachtet werden, sondern steht im Zusammenhang mit der Besiedelung des ganzen Raumes, also des südlichen Egerlands.

Niemand zweifelt daran, dass das Plan-Weseritzer Ländchen zusammen mit dem südlichen Egerland seit dem frühen Mittelalter zu Böhmen gehörte. Wenn einmal von einer „Verpfändung“ des Egerlands aus dem Deutschen Reich an die böhmische Krone die Rede ist, so betrifft dieser Vorgang des Jahres 1322 die bis dahin reichsunmittelbare Stadt Eger und ihr engeres Umland, nicht jedoch den Raum zwischen Tepl und Pilsen.

Wie der Gang der Besiedlung abgelaufen ist, davon hat die seriöse Geschichtswissenschaft eine recht gute Kenntnis. Sie steht im Zusammenhang mit der sogenannten „deutschen Ostsiedlung“ bzw. „Ostkolonisation“ oder „Landnahme“ des Hochmittelalters. Aber diese allgemeine Aussage befriedigt nicht. Man muss die Details aufgreifen und daraus die Schlüsse ziehen.

Zunächst muss man sich die für den ehemaligen Kreis Plan-Weseritz zutreffende geographische Situation im Mittelalter verdeutlichen: Es handelt sich um ein hügeliges Land im Grenzgebiet zwischen Bayern und Böhmen mit Wäldern und Sümpfen, unberührt von der landwirtschaftlichen Erschließung. Für die frühmittelalterlichen Landbewohner war dort zu leben noch nicht erstrebenswert. Sie bevorzugten siedlungsgünstige waldfreie oder waldarme Lagen in Wassernähe, so etwa das Pilsener Becken auf böhmischer oder den Flusslauf und das Quellgebiet der Naab auf bayerischer Seite. Auf den fruchtbaren Wiesen dort war das Vieh leichter zu hüten und für den Ackerbau brauchte man keine Waldflächen zu roden. Das änderte sich im hohen Mittelalter, etwa ab dem 12. Jahrhundert. Es war mittlerweile ein gewisser Siedlungsdruck entstanden. Die Bevölkerung hatte sich von Generation zu Generation vermehrt und nicht jeder Bauernsohn konnte einen väterlichen Hof übernehmen. Ein anwachsende Bewohnerschaft erforderte auch eine Vermehrung des Nahrungsangebots, doch bei den damaligen Anbaumethoden mit der sogenannten „Zweifelderwirtschaft“ – ein Jahr landwirtschaftlicher Anbau mit Getreide, im folgenden Jahr Brachland mit Beweidung – fielen die Ernten regelmäßig zu gering aus. Man musste also versuchen, neue Anbauflächen zu erschließen. So entstand schrittweise ein Netz von Erweiterungen der Anfangssiedlungen hinein in die Wälder der Umgebung. Man spricht in diesem Fall von Ausbausiedlungen.  Dabei ist das System der mittelalterlichen Gesellschaft zu berücksichtigen: Ein Bauer war selten frei in seinen Entscheidungen und das Land, das er bebaute, gehörte in der Regel nicht ihm, sondern einem adeligen oder klösterlichen Grundherrn. Von deren Willen, Erlaubnis oder Auftrag hing es ab, ob irgendwo ein neues Anwesen errichtet oder ein neues Feld bebaut werden durfte. Und über diesen Grundherren stand der Landesherr, von dem die Grundherren ihre Ländereien zu Lehen erhalten hatten. Diese Verhältnisse galten für Böhmen genauso wie für das Deutsche Reich des Mittelalters.
Es waren aber nicht nur die Söhne der Bauern, die mit Erlaubnis der Grundherren mit ihren Familien auszogen, um in die Wälder vorzudringen. Der Bedarf an Siedlern war im Hochmittelalter groß und die Bauern westlich des Grenzwaldes verwendeten Pflüge mit anderer Bauweise, mit denen eine Urbachmachung der Wälder leichter und effektiver von statten ging. So kam es, dass in der Regierungszeit der böhmischen Přemysliden sogenannte „Kolonisten“ aus dem westlich gelegenen Herzogtum Bayern regelrecht ins Land gerufen wurden, um die Erschließung voranzutreiben und zu unterstützen, mit ihnen Handwerker, Bergleute, Händler und andere. Voraussetzung war, dass diese Leute von ihren Grundherren freigegeben wurden und gleichzeitig abwanderungswillig waren. Letzteres waren sie, denn auch in ihren Herkunftsorten herrschte Bevölkerungsdruck und in den jungen Menschen der Wunsch nach eigenem Haus und Hof. Oft erhielten die neuen Siedler „steuerliche“ Vergünstigungen  in Form von Abgabenbefreiungen für die ersten Jahre der Siedlungsgründung in den Wäldern. Die Neuankömmlinge wurden in der Regel den Klöstern der Umgebung wie beispielsweise Waldsassen, Tepl, Manetin, Plaß oder Kladrau als Untertanen unterstellt, und diese Klöster waren gewissermaßen die „Unternehmer“ – man nennt sie „Lokatoren“ - , unter deren Anleitung der Landesausbau vorangetrieben wurde. Zu beachten ist dabei, dass die genannten Klöster selbst Gründungen im 12. Jahrhundert sind:

In diesem Zusammenhang ist es zu verstehen, dass die meisten Ortsnamen in der Region nicht vor dem 12. Jahrhundert in den schriftlichen Quellen erscheinen. Die Siedlungen oder ihre Bewohner waren bis dahin nicht Gegenstand irgendeiner schriftlichen Erwähnung. Mit dem Auftreten der Klöster als Grundherren waren jedoch herrschaftliche Schenkungsurkunde oder Tausch- und Verkaufsgeschäfte verbunden und das wurde jedes Mal schriftlich festgehalten.
Auch weltliche Grundherrschaften, so etwa ab 1126 die Herren der Burg Tachau in dem zu Plan-Weseritz benachbarten Kreis Tachau, beteiligten sich an der Verwaltung und Erschließung des Gebietes. Um 1270 baute Přemysl Ottokar II. den Herrschaftssitz Tachau aus und legte die Stadt Tachau an, die 1285 erstmals schriftlich genannt wird. Später, ab 1330, kam die Grundherrschaft der Schwanberger zu diesem Gefüge hinzu und die Entwicklung setzte sich mit weiteren Grundherren fort.

Zu beachten ist noch ein weiterer Aspekt: Die oben erwähnte böhmische Herrscherfamilie der Přemysliden, die bis ins 11. Jahrhundert zu tun hatte, in Zentralböhmen ihre Macht zu festigen, verband sich ab dem 12. Jahrhundert durch mehrere Eheschließungen mit den Adelsfamilien der Nachbarländer Sachsen im Norden und Ungarn im Süden, auch mit den  Familien der bayerischen Grafen von Bogen, von Berg und den Wittelsbachern im Westen. Wir würden heute sagen: Dadurch war das politische Klima für eine Besiedlung der böhmischen Randgebiete durch deutschsprachige Zuwanderer sehr günstig. Die aus dem westlichen Nachbarland ankommenden Siedler trafen auf ein menschenleeres oder von Vorgängern noch dünn bewohntes Gebiet, in dem es galt, Sümpfe trocken zu legen, Wälder zu roden und die neu gewonnenen Flächen nach den Methoden der mittlerweile eingeführten Dreifelderwirtschaft – Sommer- und Wintergetreide im Wechsel, dazu ein Jahr Brachland mit Beweidung – zu bebauen. Von „nationalen“ Spannungen zwischen den Bewohnern ist aus dieser Zeit nichts zu vernehmen. Es war Platz für alle da, der Grundherr ordnete an und die Untertanen fügten sich.

Es gibt hauptsächlich zwei Indizien, die uns heute etwas über die sprachliche Zugehörigkeit der damaligen Siedler aussagen können: die Dorfformen und die Ortsnamen. Die sog. „Rundlinge“ sind typisch für slawische Siedlungen, die Straßen- und vor allem die Waldhufendörfer sind typisch für die Anlage durch deutschsprachige Siedler. Das sind die auffälligsten Unterschiede in einer ganzen Reihe von möglichen Siedlungsformen wie z.B. Angerdorf, Haufendorf, Marktflecken, planmäßig angelegte oder organisch gewachsene Stadt, Weiler, Einöde usw., je nachdem, wie die landschaftlichen Gegebenheiten waren, ob die Landwirtschaft im Vordergrund stand oder Handel und Gewerbe und wie viele Bewohner die Siedlung hatte.

In der zeitlichen Abfolge ihrer  schriftlichen Erstnennung  der Ortsnamen gewinnen wir anhand der Archivalien ein aussagekräftiges Bild über die zeitliche Abfolge der Besiedlung, wobei noch einmal festgehalten werden muss, dass Erstnennungen selten gleichbedeutend mit Siedlungsgründungen sind. Meist war der Ort schon einige Zeit vorhanden, bevor sein Name Eingang in irgendwelche Urkunden oder Gebietsbeschreibungen gefunden hat. Die Erstnennung entspricht sprachlich selten der heutigen Form, denn einerseits ändert sich eine Sprache im Lauf der Zeit und mit ihr die Aussprache und Schreibung der Ortsnamen, andererseits stellen wir auch im Verlauf der Besiedelungsgeschichte einen Wechsel von der slawischen zur deutschen Sprache fest und auch diese Entwicklung hat ihre Auswirkungen auf die Ortsnamen. So wurde aus „Besamin“ ein „Wesamin“, aus „Bezdrušice“ später „Weseritz“, bis dann in der Mitte des 20. Jahrhunderts auf die alte Namensform zurückgegriffen wurde. Manchmal hat eine Siedlung auch einen neuen Namen erhalten, z.B. wenn der vorherige slawisch gelautet hat und die späteren deutschsprachigen Bewohner diesen Namen nicht mehr verwendeten. Schwanberg hieß zuvor Krasikow und Neumarkt trug anfangs den Namen Útery.

Die folgende Auflistung teilt mit, in welcher Zeit ein Ortsname in den Archivalien erstmals genannt wird:

12. Jahrhundert:
Ortsnamen mit slawischer Herkunft: Kamigl, Lihn, Milikau, Müllowa, Tschelief, Wesamin, Zebau, Planes, Geischowitz, Girsch, Hollei, Kschellowitz, Libitzen, Pollinken, Pottin, Skrsice (abgegangen), Trahona, Umirschen, Wostrowa, Libitzen/Lebitzen (Ortsteil von Gosolup), Lohm. Mit Ausnahme von Lihn im Südosten des ehemaligen Gerichtsbezirks Plan liegen alle genannten Orte im ehemaligen Gerichtsbezirk Weseritz, also im Osten des ehemaligen politischen Bezirks Plan-Weseritz. Der Westen ist noch nicht besiedelt.
Kein Ortsname mit deutschsprachiger Herkunft.

13. Jahrhundert:
Ortsnamen mit slawischer Herkunft: Krips, Böhmisch Domaschlag, Kahudowa, Kokaschitz, Pollschitz, Saduba, Krasikow (das ab 1254 „Schwanberg“ genannt wurde), Unterjamny, Weseritz, Oleschowitz (das ab 1632 „Hangendorf“ hieß, bei Neumarkt), Neumarkt (Erstnennung: 1233 Uteri, 1273 Novum Forum, 1433 Naymark), Woiteschin, Gosolup, Rössin, Utzin, Waschagrün, Damnau, Glitschau, Birten (abgegangen), Pawlowitz, Stipokl, Wiedowitz, Girschowa, Nitschowa, Malkowitz, Plan, Punnau, Triebl, Schirnik, Leskau, Hetschigau, Wutsch. Die Mehrzahl der slawischsprachigen Orte liegt im Osten des Raumes. Die Besiedlung weitet sich nach Westen aus.
Ortsnamen mit deutschsprachiger Herkunft: Wolfersdorf, Sinzendorf, Bruck a. Hammer, Stockau. Mit Ausnahme von Wolfersdorf liegen die Orte alle im ehemaligen Gerichtsbezirk Plan, Wolfersdorf liegt ganz im Südwesten des ehemaligen Gerichtsbezirks Weseritz. Der Gang der deutschsprachigen Besiedelung geht von Westen nach Osten.

14. Jahrhundert:
Ortsnamen mit slawischer Herkunft: Slawitz (ab 1357 Mariafels), Kuttenplan, Ugesd (ab 1567 Naketendörflas), Honau, Chodones (ab 1363 Heiligenkreuz in lateinischer Sprache), Hohenzetlisch, Lechowa, Schippin, Gstom, Gottschau, Neblaschov (= Glasau), Hinterkotten, Zaltau, Fürwitz, Schwitz, Elhotten, Wesigau, Weska, Drahwitz, Gamnitz, Neschowa, Gröna, Hurz, Kurschin, Langenradisch, Macharzen, Obergodrisch, Pokeslav, Ratschin, Sahorsch, Schlief, Setzlaw, Skupsch, Strahof, Thein, Ustye (ab 1637 Truß), Untergodrisch, Polutschen, Bubanov (abgegangen). Erste Eindeutschungen slawischer Ortsnamen.
Ortsnamen mit deutschsprachiger Herkunft: Guttenstein, Wolfsberg, Neudorf bei Weseritz, Balzermühle, Neudorf bei Plan (1352 gleichzeitig „Trakowitz“), Ottenreuth, Gumplitz, Vogelsang, Spiz (abgegangen), Kiesenreuth.

15. Jahrhundert:
Ortsnamen mit slawischer Herkunft: Patzin, Krivousty (abgegangen), Tisvice (abgegangen), Truhlarsch (ab 1722 Altmühl), Hlawatschenmühle, Dürrmaul, Kutsch.
Ortsnamen mit deutschsprachiger Herkunft: Fallstein (abgegangen), Lutschkahäuseln.

16. Jahrhundert:
Ortsnamen mit slawischer Herkunft: Khoau, Wieschka, Zaltaumühle.
Ortsnamen mit deutschsprachiger Herkunft: Michelsberg, Neudörfel, St. Anna, Gereut (abgegangen), Oberdorf, St. Johann, Promenhof, Karolinenhof, Oberdörflas.

17. Jahrhundert:
Ortsnamen mit slawischer Herkunft: Hohenjamny, Relikenmühle, Hradschin bei Punnau
Ortsnamen mit deutschsprachiger Herkunft: Glashütten bei Plan, Herrenberg, Reinmühle, Gottlmühle, Johannesdorf, Herrenmühle, Kalbmühle, Kienhackelmühle, Klappelmühle, Klötzlmühle, Waldmühle, Hangendorf bei Plan, Unterdörflas, Röllermühle, Habermühle, Lorenzmühle, Schafhütte, Promenhofer Mühle, Weißmühle bei Khoau, Weißmühle bei Scheibenradisch, Dornmühle, Goldwag, Kuttenplaner Schmelzthal, Böhmischmühle bei Gstom, Große Zuckermühle, Schöppamühle, Veitsmühle.

18. Jahrhundert:
Ortsnamen mit slawischer Herkunft: Hotschehora, Unterzetlisch, Wodonka (abgegangen).
Ortsnamen mit deutschsprachiger Herkunft: Bachmühle, Böhmischmühle bei Weseritz, Glashütten bei Trahona, Große Hasenmühle, Domschenmühle, Galtenstallung, Hawitzenmühle, Khoaumühle, Schlossmühle, Tuthakenmühle, kleine Hasenmühle, Grundmühle, Marassenmühle, Obere Höramühle, Neuhaimhausen, Hammerhäuseln, Zischkamühle, Viehruh, Brand, Ober- und Unterhammer, Zierhäusel, Karlshof, Harlosee, Vorder-, Mittel- und Hinterbrand, Rabennest, Papiermühle (bei Kurschin), St. Vitizeche.

19. Jahrhundert:
Ortsnamen mit slawischer Herkunft: Kametschen.
Ortsnamen mit deutschsprachiger Herkunft: Berghäuseln, Schützenhäuseln, Spirkgrundhaus, Buschhäuser, Öding, Kühlöhrl, Altes Bad, Konstantinsbad, Grundschneider, Ziermühle, Girglmühle, Jakobsmühle, Jansamühle, Kuhmühle, Kunstfarbe, Kusenmühle, Obere, Mittlere und Untere Tichasäge, Ranitzenhäuseln, Rothmühle, Säuerlingshäuseln (aufgegangen in Konstantinsbad), Schladamühle, Tabakmühle, Tofflmühle, Papiermühle (bei Wesamin), Karolinengrund, Hargmühle, Josefihütte, Karlshof, Neusorg (bei Lihn), Schartlmühle, Schwarzmühle, Straßenhäuseln (bei Gosolup), Wetzkahäuseln, Drahtzug (abgegangen), Druckerhäuseln, Jansahäusel, Weschtlhäusel, Heinrichshain, Kleine Zuckermühle, Wilhelmssäge (abgegangen), Spittelfeld, Sonnenberg, Treppenstein = Mähringer Hammer.

Nicht alle Ortsnamen konnten zugeordnet werden. Manchmal fehlen alte archivalische Nennungen. Dennoch lassen sich aus dieser Aufzählung einige Erkenntnisse gewinnen: Die Erschließung des Plan-Weseritzer Ländchens als dauerhafter Lebensraum beginnt im 12. Jahrhundert im Osten des ehemaligen politischen Bezirks Plan-Weseritz durch slawisch sprechende Siedler. Dabei handelt es sich zunächst nicht um Tschechen im heutigen Sinn, sondern um die westslawische Volksgruppe der Choden, die im tschechischen Volk aufgegangen ist. Auf die  Choden verweisen einige Ortsnamen im südlichen Egerland und nördlichen Böhmerwald, beispielsweise Kuttenplan (Chodová Planá), Chodones als Anfangsname für Heiligenkreuz und Hinterkotten (Zadní Chodov) im Plan-Weseritzer Gebiet. Wichtigster Standort der Choden im südlichen Egerland war die Burg Tachau außerhalb des Plan-Weseritzer Kreises.

Im 12. Jahrhundert ist in den schriftlichen Quellen zum Plan-Weseritzer Ländchen kein Ortsname in deutscher Sprache bekannt. Das ändert sich erst im 13. Jahrhundert durch Zuzug aus dem Westen. Bis ins 15. Jahrhundert kommt eine große Zahl neuer Ortsnamen hinzu, sie betreffen die größeren Siedlungen, weniger die kleinen Weiler, Einöden und Mühlen. Auffällig ist die große Zahl von Ortsnamen slawischer Herkunft gegenüber der Minderheit deutschsprachiger Ortsnamen, aber schon im 14. Jahrhundert beginnen die Eindeutschungen der slawischen Namen.

Ende des 14., vermehrt aber zwischen dem 15. und 17. Jahrhundert stagniert die Entwicklung des Landesausbaus. Aus der Ortsgeschichte von Kuttenplan wissen wir beispielsweise, dass 1391 das damalige Dorf alle seine Bewohner durch die Pest verloren hatte und dass der Abt des Klosters Tepl, in dessen Besitz sich der Ort befand, um deutsche Kolonisten warb, damit das Dorf wieder bevölkert werden konnte. Ab 1420 suchten die Hussitenkriege die Gegend heim, sie brachten schwere Verwüstungen ins Land. Bruck, Fallstein, Langenradisch und Schwanberg wurden damals zerstört, Neumarkt und die Dörfer ringsum stark geschädigt. Im 16. und 17. Jahrhundert rafften wieder Seuchen und Epidemien einen Großteil der Bevölkerung dahin und schließlich sorgten die Wirren der Reformationszeit, insbesondere der Dreißigjährige Krieg von 1618 bis 1648, für einen starken Rückgang der Bevölkerungszahlen. Einige Fakten verdeutlichen dies:
1620 wurde die Stadt Plan in Schutt und Asche gelegt. Nach der Schlacht am Weißen Berg bei Prag wanderten bei der Rekatholisierung Böhmens viele Einwohner aus der gesamten Region aus, weil sie ihrem protestantischen oder hussitischen Glauben nicht abschwören wollten. Sie ließen sich überwiegend in den protestantischen Gebieten Sachsens, der Lausitz und Niederschlesiens nieder. Das ist sowohl für Plan als auch Weseritz festgehalten. Man kann davon ausgehen, dass es sich dabei sowohl um deutsch- als auch tschechischsprachige Auswanderer gehandelt hat. Die Tschechen standen der hussitischen Religion näher als dem Protestantismus, die deutschsprachigen aber waren lutherisch.

1623 zogen – wohl aus demselben Grund - die in Kuttenplan tätigen sächsischen Bergleute ab. Auch aus Michelsberg wanderten viele Bergleute mit ihren Familien aus.
Punnau und Waschagrün wurden von den Schweden so stark zerstört, dass ein Wiederaufbau zunächst wegen mangelnder Erfolgsaussicht nicht mehr begonnen wurde.
1640 war Plan und seine Umgebung Schauplatz bestialischer Grausamkeiten durch die Schweden.
1646 und 1647 wurden Leskau, Weseritz, Neumarkt und Hangendorf niedergebrannt und zerstört, Thein bei Plan wurde vollständig ruiniert.
1648 wurden Kuttenplan und Neudorf schwer in Mitleidenschaft gezogen. In Stockau haben nur zwei Einwohner den Krieg überlebt.
Vor diesem Hintergrund ist es kein Wunder, dass die Zahl der Neuansiedlungen zurückgeht. Die bis jetzt bestehenden Städte, Dörfer und Weiler haben einen Großteil, wenn nicht sogar alle ihre Einwohner verloren. In erster Linie musste hier der Wiederaufbau vorangetrieben werden. Die zahlenmäßig wenige verbliebene Restbevölkerung erhielt Zuwachs von neuen Siedlern.

In dieser Zeit, im 15, 16. und 17. Jahrhundert, nehmen um Plan und Weseritz die deutschsprachigen Ortsnamen zu und innerhalb der alten Siedlungen verschiebt sich das Verhältnis zwischen slawisch- und deutschsprachigen Bewohnern hin zu einer deutlichen Mehrheit der deutschsprachigen Siedler. Aus einem Einwohnerverzeichnis der Herrschaft Schwanberg aus dem Jahr 1651 ist abzulesen, dass im Osten der Herrschaft mehr slawische Personennamen genannt werden als im Westen. Dort im Westen ist die Zahl der deutsch klingenden Namen etwa dreimal so hoch wie im Osten der Herrschaft, in Leskau sieben Mal so hoch. Eine Steuerrolle aus der gleichen Zeit (1654) führt die Ortsnamen des Gebietes rund um Plan und Weseritz in ihrer deutschsprachigen Form auf, auch wenn sie slawischen Ursprungs sind und obwohl der Schreiber vermutlich ein Tscheche war. Deutsch wurde in dieser Zeit zur Hauptsprache der Bewohner. Das Leskauer Stadtbuch beginnt 1569 in deutscher Sprache, das Weseritzer Stadtbuch wechselt 1580 vom Tschechischen ins Deutsche, das Neumarkter Stadtbuch ab 1625 ebenso. In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts bitten die Bürger von Neumarkt Kaiser Karl VI., ihre alten Privilegien in deutscher Sprache bestätigt zu bekommen, weil sie das Tschechische aus der früheren Zeit nicht verstehen. Das deutschsprachige Element, das im Hochmittelalter im Licht der Ortsnamen nur geringfügig vorhanden war, wurde im Verlauf des 15. Jahrhundert immer stärker, bis es nach dem Dreißigjährigen Krieg das slawischsprachige Element fast vollständig verdrängt hatte. Die Eindeutschung der slawischen Ortsnamen begann vereinzelt im 13. Jahrhundert, ab dem 18. Jahrhundert waren alle Ortsnamen deutschsprachig oder eingedeutscht.

Es wundert auch  nicht, dass in der Folgezeit fast nur noch deutschsprachige Siedlungen entstanden: hauptsächlich Mühlen und andere Gewerbebetriebe in einzeln stehenden Anwesen. Die alten Ortschaften wurden mit neuen Bewohnern wieder aufgefüllt, einige wurden nicht mehr als Wohnstätten verwendet und sind abgegangen.

Mit den Siedlern kam ihre Sprache ins Land, die Mundart der deutschsprachigen Bewohner ist (bzw. war bis 1945/45) das sogenannte „Nordbairische“. Bis auf wenige Wörter, die im Egerland verwendet wurden und in der Oberpfalz nicht – oder umgekehrt -, ist die Sprache der Egerländer des Kreises Plan-Weseritz identisch mit der der alteingesessenen Bewohner des heutigen Landkreises Tirschenreuth.

Zum Schluss sei noch ein wichtiger Aspekt hinzugefügt: Eine große Zahl von Familiennamen innerhalb der deutschsprachigen Bevölkerung beweist die friedliche Vermischung zwischen den Choden und/oder Tschechen und Einwohnern deutscher Zunge im Lauf der Jahrhunderte, ohne dass es dabei zu gewaltsamen Auseinandersetzungen gekommen ist, ausgenommen die Hussitenkriege. Diese waren zwar in erster Linie religiös bedingt, bekamen aber einen „nationalen“ Charakter durch die Tatsache, dass sich hauptsächlich Tschechen der auf Jan Hus zurückgehenden Bewegung anschlossen, die anderssprachigen Bevölkerungsteile Böhmens aber nicht. Im Gegenteil: Die zahlreichen Eheschließungen zwischen Tschechen und Deutschböhmen zeugen von einem guten Zusammenleben, hier wie in anderen Landesteilen. Die gemeinsame Sprache wurde im Plan-Weseritzer Gebiet aufgrund der Mehrheitsverhältnisse das Deutsche in der Form des nordbairischen Dialekts, wie er mittlerweile im ganzen Egerland zuhause war. Als Beispiele für solche Eheschließungen in der Geschichte des gemeinsamen Raumes seien einige Familiennamen genannt, wie sie für 1945 /46 in den Bewohnerverzeichnissen aufgeführt werden: Hollik, Turba, Metka, Windirsch, Wutschka, Wawarta, Girschik, Wuschek, Weska, Hauschka usw. Die Reihe lässt sich noch lange fortsetzen. Diese Familien stehen gleichbedeutend mit den „typisch“ deutschen Namen wie Baumgartl, Jäger, Müller, Ziegler, Fischer, Neubauer und vielen anderen, die als Einwohner der Ortschaften des ehemaligen Kreises Plan-Weseritz bis zum Jahr 1945 belegt sind.

Wer war also zuerst da? Die Antwort lautet kurz gefasst : Die Erschließung des Raumes begann mit chodischen Siedlern, die anschließend durch deutschsprachige Kolonisten ergänzt, erweitert und vervollständigt wurde. Nach der Dezimierung der Menschen von ungefähr 1400 bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts gelangte durch eine neue Siedlungswelle das deutschsprachige Element in den Vordergrund. Deutsch wurde zur fast alleinigen Sprache bis zur Vertreibung in den Jahren 1945 und 1946.
Nach dem Zweiten Weltkrieg änderten sich mit der Vertreibung der deutschsprachigen Bewohner die Sprachverhältnisse grundlegend. Die wenigen verblieben „Restdeutschen“ durften ihre Muttersprache nicht weiter verwenden. Ihre Kinder wurden in den Schulen tschechisch ausgebildet. Dazu kamen Neusiedler aus anderen Landesteilen Böhmens und anderen Ländern, ein Teil von ihnen waren und sind Nachfahren von Protestanten, die während des Dreißigjährigen Krieges aus Glaubensgründen ausgewandert waren.

Ralf Heimrath 7.3.2013, aktualisiert 3.4.2014



Literatur: